Digitale Kunstgeschichte und Wikidata

Aus Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte
Version vom 18. März 2022, 19:09 Uhr von Schelbert (Diskussion | Beiträge) (3. Wikidata als Infrastruktur)
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Graph-Ansicht der WD-Items, die mit "Digitale Kunstgeschichte" in Verbindung stehen (Screenshot 5.2021)
Bild zum Wikidata-Workshop an der Humboldt-Universität zu Berlin am 20.1.2020

Wikidata

Weitere Informationen, Kommunikation und laufende Dokumente (Google-Docs) im Slack-Channel "#fg-wikidata" im Workspace des Arbeitskreises Digitale Kunstgeschichte (Anmeldung und Zugang über https://digitale-kunstgeschichte.de/).

Wikidata in der Anwendung

1. Wikidata als Referenz zur eindeutigen Identifzierung

von Werken, Personen, Körperschaften, Geografica etc. (Nutzung des globalen Q-Nummernsystems)

2. Wikidata als Datenquelle

zur Anreicherung oder erweiterten Visualisierung eigener Datenbestände (Nutzung des semantischen Netzes)

3. Wikidata als Infrastruktur

für eigene Datenbestände (Nutzung der globalen Datenabankstruktur). Auch: Nutzung von Wikibase als Datenbank-Managementsystem.

Tools

Cocoda

Wikidata Tools

Projektbeispiele

(Auflistung vorläufig nach dem Muster: "URL / Name (Angaben zur Rolle von Wikidata im Projekt)")

  • ...

Veranstaltungen/Ereignisse

  • 14.10.2016 Vortrag (G. Schelbert) "Bilder mit Metanormdaten einfangen": In, über, unter, jenseits und dazwischen – Ebenen digitaler Bilder, (Universität zu Köln, Tagung zum 15-jährigen Bestehen von prometheus – Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre)
  • 13.-18.02.2017 Poster (G. Schelbert) "… warum nicht gleich Wikidata?!" auf der DHd2017 in Bern Book of Abstracts
  • 27.02.2018 Workshop(C. Müller-Birn, M. Raspe, G. Schelbert, Th. Wübbena): Wikidata: Nutzungsmöglichkeiten und Anwendungsbeispiele für den Bereich Digital Cultural Heritage Book of Abstracts
  • 20.01.2020 Workshop (AG Kunstgeschichte und Digitalität, KuD): Wikdiata-Workshop. Humboldt-Universität zu Berlin, Grimm-Zentrum
  • 29.01.2021 Diskussionspitch (M. Müller, G. Schelbert) "Jetzt endlich Wikidata!": Open Space der Digitalen Kunstgeschichte arthistoricum blog
  • 10.-11.06.2021 Workshop (AK Digitale Kunstgeschichte) "Experimente: Die Landschaften der Digitalen Kunstgeschichte kartieren": vDHd2021 vDHd2021-Website

Literatur/Webseiten

  • Faraj G., Micsik A. (2019) Enriching Wikidata with Cultural Heritage Data from the COURAGE Project, in: Garoufallou E., Fallucchi F., William De Luca E. (eds) Metadata and Semantic Research. MTSR 2019. Communications in Computer and Information Science, vol 1057. Springer, Cham. (https://doi.org/10.1007/978-3-030-36599-8_37=
  • Freire N., Proença D. (2020) RDF Reasoning on Large Ontologies: A Study on Cultural Heritage and Wikidata. In: Maglogiannis I., Iliadis L., Pimenidis E. (eds) Artificial Intelligence Applications and Innovations. AIAI 2020. IFIP Advances in Information and Communication Technology, vol 583. Springer, Cham. (https://doi.org/10.1007/978-3-030-49161-1_32)
  • Krötzsch, Markus (2016): Wikidata as a Cultural Heritage Information Hub (Invited talk at the Europeana Network Association AGM 2016) November 2016 (https://iccl.inf.tu-dresden.de/web/Misc3015)
  • Müller-Birn, Claudia; Schelbert, Georg; Raspe, Martin; Wübbena, Thorsten (2018): Wikidata: Nutzungsmöglichkeiten und Anwendungsbeispiele für den Bereich Digital Cultural Heritage (https://doi.org/10.5281/zenodo.4622497)
  • Poulter, Martin (2017): Wikidata: the new hub for cultural heritage, wikimedia.uk blog (https://blog.wikimedia.org.uk/2017/01/wikidata-the-new-hub-for-cultural-heritage/)
  • Schelbert, Georg (2017): … warum nicht gleich Wikidata?!, in: M. Stolz (Hg.), Konferenzabstracts DHd2017 Bern. Digitale Nachhaltigkeit (13.-18. Februar 2017), S. 287-288 (pdf)
  • Wübbena, Thorsten (2018): Wikidata x ConedaKOR: Ein Anwendungsbeispiel für den Bereich Digitale Kunstgeschichte, 10. Oktober 2018, FactGrid project blog, https://blog.factgrid.de/archives/1116
  • Wübbena, Thorsten (2020): Von Warburg zu Wikidata – Vernetzung und Interoperabilität kunsthistorischer Datenbanksysteme am Beispiel von ConedaKOR, in: Bilddaten in den Digitalen Geisteswissenschaften, hrsg. v. Canan Hastik und Philipp Hegel, Wiesbaden, S. 133-146 (https://www.doi.org/10.13173/9783447114608)

Materialien

Siehe auch: ...Warum_nicht_gleich_Wikidata?

Text zum Poster aus dem Abstractband DHd2017 (Georg Schelbert)

Das digitale Bildformat verleiht analogen Bildsammlungen eine zweite Existenz. Insbesondere aber schafft die Verbindung des digitalen Formats mit dem Internet einen weitgehend raumunabhängigen universellen Bilderpool, der die kaum fassbare Menge der Produktion überhaupt erst sichtbar werden lässt. Die Mediathek des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte der HU besitzt eine umfangreiche Sammlung historischer Fotografien und Diapositive, die derzeit in einem Projekt digital erschlossen wird (Förderung 1.1.-31.12.2016 durch digis - Servicestelle Digitalisierung Berlin). Diese wissenschaftliche Lehrsammlung eines traditionsreichen kunsthistorischen Universitätsinstituts, bestehend aus zwischen ca. 1890 und 1970 hergestellten Glasdias im Format 8,5 x 10cm ist auch hinsichtlich ihres Umfangs von etwa 60.000 Stück herausragend. Einerseits spiegelt die Sammlung Interessensschwerpunkte großer, an der Berliner Universität lehrender Fachgelehrter wie Heinrich Wölfflin, Adolph Goldschmidt, Wilhelm Pinder und Richard Hamann wider, andererseits repräsentiert sie den gesamten, an der Universität über Jahrzehnte hinweg geformten Kanon der Kunstgeschichte, der inzwischen auch zu allgemeinem Bildungsgut geworden ist. Damit ist diese Sammlung ein typisches Beispiel eines kunsthistorischen Bildbestandes, der sich dadurch auszeichnet, dass er vor allem Repräsentationen von Werken beinhaltet, die als solche bereits vielfach identifiziert und erschlossen sind. Aus diesem Grund besteht die Aufgabe zunächst darin, die Bilddatei mit bereits vorhandenen Wissensbeständen zu verbinden. Auch die vielen jüngeren Ansätze zum Umgang mit digitalen Bildern - Automatische Bilderkennung, Folksonomy- Tagging, Festlegung von Metadatenstandards einschließlich der Verwendung von Vokabularen und Klassifikationen, Aufbau von Normdatenrepositorien oder die Verwendung von Georeferenzen - haben gezeigt, dass diese Ansätze jeweils allein kaum befriedigende Ergebnisse liefern. Vielmehr kann der komplexen Gesamtheit des Bildes wohl nur die Verbindung mehrerer Methoden gerecht werden. Zugleich wird auch deutlich, dass weiterhin die Verbindung der Bilddateien mit (nach wie vor in Textform codierten) Inhaltskonzepten eine zentrale Aufgabe bleiben wird.

Der Beitrag wird sich auf die Frage konzentrieren, wie diese Inhaltskonzepte in möglichst pragmatischer Weise bereitgestellt werden können. Hier stellen sich Fragen der Standardisierung beziehungsweise des Einsatzes von sogenannten Normdaten. Im Bereich der sogenannten Normdaten gibt es für Kunstwerke – im Unterschied etwa zu Personen – kaum ein flächendeckendes Angebot. Es ist auch kaum anzunehmen, dass die hierfür zuständigen Institutionen – in Deutschland etwa die DNB – dem Bedarf werden ausreichend nachkommen können. Artefakte sind gegenüber Personennormdaten aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit grundsätzlich schwerer zu handhaben und, je nach Definition, was alles als verzeichniswürdiges Kunstwerk zu verstehen ist, unter Umständen weitaus umfangreicher in der Anzahl. Auch dort wo sich einschlägige Institutionen der Aufgabe angenommen haben, bleibt das entweder auf die nationale Dimenion beschränkt (etwa mit den Datenbanken Merimee oder Joconde in Frankreich, oder dem RKD in den Niederlanden), oder droht unweigertlich unausgewogen und fragmentarisch zu bleiben (CONA – The Cultural Objects Name Authority des Getty Research Institute). Das Deutsche Dokumentatonszentrum für Kunstgeschichte, Foto Marburg, hat zwar vielfach die Bedeutung von Werknormdaten unterstrichen, jedoch bislang keinen Vorschlag für deren Bereitstellung gemacht. Nach heutigem Ermessen kann wohl auch nicht davon ausgegangen werden, dass es möglich oder sinnvoll ist, ein vollständiges Referenzrepositorium aller Bau- und Kunstwerke anzustreben. Wenn man von dieser Annahme ausgeht, dann ist es aber geradezu notwendig, dass jederzeit kurzfristig Datensätze für jeweils benötigte Kunstwerke erzeugt werden können.

Hierfür bietet sich ein Datenrepositorium an, das von der Wikipedia-Community seit 2012 parallel zur Wikipedia aufgebaut wird. Dabei ist für die folgenden Überlegungen grundlegend, dass Wikipedia-Artikel zwar in der Regel einem Wikidata-Datensatz zugeordnet sind, dass Wikidata-Datensätze jedoch auch ohne Wikipedia-Artikel existieren können und somit auch nicht den von der Wikipedia geforderten Relevanzkriterien entsprechen müssen. Auch die – im Forschungskontext oft problematischen – Aspekte der inhaltlichen Aktualität und Gültigkeit der Wikipedia-Artikel spielt keine Rolle. Wikidata beschränkt sich auf die Speicherung von atomaren Statements, die in beliebiger Zahl, in beliebiger Reihenfolge und mit der Möglichkeit der Neudefinition von Aussageparametern im Prinzip von jeder Person erstellt werden können. Dabei steht – ebenso wie in unserem Anwendungsszenario – bei Wikidata der Gedanke der Identifizierung im Vordergrund, indem möglichst viele bereits bestehende „Identifiers“ anderer Referenzrepositorien eingegeben werden. Die Tatsache der Vielzahl solcher Repositorien (die im Bibliotheksbereich mit der VIAF-Initiative zusammengefasst werden) relativiert den im Deutschen üblichen Begriff der Normdaten ebenso wie den im Englischen üblichen des Authority File. Beide Begriffe gehen von der normativen Rolle einer Nationalbibliothek bei der Ansetzung von Personennamen und Schlagwortsystematiken aus. Im Fall von Kunstwerken ist ein normativer Ansatz, der über die bloße Bezeichnung hinausgeht (und etwa Zuschreibung, Datierung, Stilzugeörigkeit etc. festlegen wollte), eher schädlich als nützlich. Vielmehr geht es um die Identifizierung der Werke und deren Verfügbarmachung für weitere Bildrepositorien und dergleichen. Diese Funktion erfüllt Wikidata, wobei die zusätzlichen inhaltlichen Statements je nach Umständen durchaus verwendet werden können.

Wikidata kann also als eine Art Meta-Referenzrepositorium fungieren, das zudem Skalierbarkeit im kollektiven Zugriff, Internationalität und Vielsprachigkeit, sowie nicht zuletzt Nachhaltigkeit durch eine große Community bietet. Zu berücksichtigen sind freilich auch die offenen Fragen, etwa danach, welche Probleme in der Benutzbarkeit der Daten sich aufgrund der unsystematischen Struktur und der grundsätzlich nicht festgelegten Entwicklungsoptionen ergeben können. Als Beispiel wird hierzu ein laufendes Digitalisierungsprojekt für die genannte historische Glasdiasammlung an der Humboldt- Universität als Poster vorgestellt, an dem die genannten Aspekte dargestellt werden können.